Skidurchquerung in der Silvretta

24.03.2024

Gegen 6 Uhr am Palmsonntag zogen 6 HTGler los um in 6 Tagen die Silvretta mit ihren befellten Skiern und ihren befüllten Rucksäcken zu durchqueren. Schon vor dem Aufbruch warnte Wetterdienst und Wolfgang auch ja nicht die langen Unterhosen zu vergessen, deren Anlegen eine wichtige und vor allem wiederkehrende Diskussionsgrundlage bot. Kaum vom Tunnelbus auf der Bieler Höhe ausgespuckt (selbstredend aber erst nach dem obligatorischen Kaffee) erfolgte bei zunächst noch recht warmer, später schon recht böiger Witterung der Aufstieg zur Wiesbadener Hütte. Eine der Lawinenlage angepasste Variante mit vielerlei Auf und Ab wurde gewählt, von so manchen noch mit einem Stunt über eine Abbruchkante in der Abfahrt gewürzt. Niemand wunderte sich am nächsten Morgen beim säumigen Aufbruch über Gegenwind, wurden doch am Vorabend ausgiebig Berichte studiert und Varianten geplant. Auf einen Gipfel mochte da noch niemand hoffen, fand sich aber dann doch bald mit der Frage des Wagens konfrontiert. Bei strahlendem Sonnenschein und klirrender Kälte machten wir uns kurzentschlossen bereit für den Gipfelgrat zur Dreiländerspitze.

Dank der Tapferkeit des Vorsteigers, dessen soliden Zwischensicherungen und allerfeinstem Firn-und Felsgrat war bald die Freude über diesen unverhofften Abstecher auf einen der formschönsten 3000er der Silvrettagruppe vollkommen. Solche Momente kann man mit den Fingern abzählen, sobald man denn wieder alle spüren kann. Nach einem kurzen Intermezzo um einen entflohenen Ski und einer anschließenden kurzen aber traumhaft pulvrigen Abfahrt starteten wir den Aufstieg zum Vermuntpass.

Inzwischen hatte der Wind nochmal kräftig angezogen und doch tatsächlich einen der unsrigen mittels einer kräftigen Böe eiskalt von den Skiern gefegt. Noch ganz erstaunt von dem Anblick hieß es schnell Schutz in der Tuoi-Hütte suchen. In wie jeden Abend bester Gesellschaft – an diesem jedoch zudem nebst einer Bergführerinnen-Berühmtheit aus Funk und Fernsehen - genossen wir dann Schweizer Kost und später warme Betten. Am dritten Tag stand der Übergang zur Silvrettahütte an. Hier zeigte sich die Silvretta landschaftlich von ihrer weiße-Schokoladenseite, mit weiten sanften Gletscherbecken und schroffen Felskronen. Für das Signalhorn standen die Wolken nicht gut, jedoch entlockte uns die Egghornlücke noch ein paar zusätzliche und lohnende Höhenmeter. Bald darauf konnten wir uns herzlich willkommen fühlen auf der schönen Silvrettahütte, deren urige Stubn – wie geschaffen zum Schafkopfen - wir bald zu schätzen lernten. Beim all-abendlichen Blick auf die Wettervor-hersage kam es zu kollektivem Gift-und Galle-Spucken – das wird’s wohl gewesen sein ;-). Ein kleines Fenster hats jedoch prognostiziert, in dem kurz mal eine Kaltfront den Föhnsturm etwas zurückhält, wie gemacht für unseren Übergang zurück zur Bieler Höhe und bestenfalls Saarbrückener Hütte. Die vierte Etappe am Folgetag, war dann aber eine außergewöhnlich kurze. Nach einer guten halben Stunde stetigem Ankämpfen gegen Böen (von wegen Fenster), waren unsere Hoffnungen auf einen Übergang ebenso bald vom Winde verweht wie mein treu gedienter Helm. Der segelte mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit von dannen. Zerknirscht fanden wir uns also wieder beim Hüttenteam ein. Noch bevor das Feuer im Holzofen rauch- und alarmfrei prasselte, das Rösti schmorte und ein eher frühes Bier schäumte, fanden wir uns schon mit der Situation ab und machten das wohl Beste daraus – so wurden je nach Bedarf etwa versäumte Schafkopfkenntnisse oder Schlaf nachgeholt. In kuscheligen Kojen fieberten wir dann dem kommenden Morgen entgegen. Wird das Wetter halten und uns die Passage über die Rote Furka ermöglichen oder bleibt nur der Abstieg nach Klosters mit ellenlanger Rückfahrt zum Ausgangsort? Beim frühen Frühstück keimte vorsichtig Hoffnung, die Furka scheint möglich.

Spätestens bei Annäherung an die steile Scharte war jedoch auch klar, geschenkt wird einem hier nichts. Und als schließlich alle gut oben angekommen waren, hielten sich Adrenalin und Erleichterung etwa die Waage. Auch der restliche Weg zurück zur Bieler Höhe hielt noch Quests bereit, denen mit Handwerksgeschick und Eispickel beigekommen wurde. Bei der abschließenden Pizza und Schnapsrunde der netten Anette waren sich alle einig, aus suboptimalen Bedingungen wurden fünf wirklich schöne Tage gemacht.

Herzlichen Dank an Wolfgang, Moni, Stefan, Anette und Friedrich und gerne wieder, Sarah - 4. April 2024