Nachsteigen verdirbt den Charakter? - Klettern in Leonidio 28.04. - 05.05.18

Das erste Ziel war der Sektor Mad Wall. Nach ausdauernden Routen an diesem Felsen, bei denen ein 80m Seil seine Daseinsberechtigung hatte, ging es nach kurzer Stärkung an einen noch unbekannten Felsen. Dieser ist schon fertig eingebohrt, steht jedoch noch nicht in den aktuellen Ausgaben der hiesigen Kletterführer. Der nur durch Zufall entdeckte Felsen beeindruckt mit einem atemberaubenden Ambiente direkt am Meer. Hier konnte sich jeder in noch unbekannten Routen messen und danach über den Schwierigkeitsgrad diskutieren. Von sehr kurzen knackigen bis zu etwas längeren und einfacheren Routen war hier für jeden etwas dabei. Nach diesem etwas längeren Klettertag freuten wir uns schließlich auf den am Tag zuvor bestellten frischen Fisch zum Abendessen. Die etwa 40cm großen Seebrassen hatten wir uns nach diesem Tag aber auch verdient. Tags darauf ging es an den Sektor Sabaton. Wie der Name schon vermuten lässt war hier ein Metal-Fan am Werk. Mit Routennamen wie Manson, oder Sabbath wird hier eindeutig auf bekannte Metal-Bands angespielt. Genauso wie die Musik, waren hier auch die Routen von härterem Format. Ab dem achten Grad aufwärts konnte man sich hier richtig austoben.
Die meisten von uns probierten eine 7a aber dann doch lieber erst mal im Nachstieg. Dank der Süd-Ost Ausrichtung des Felsens wurden wir in der Wand teilweise richtig gebraten, was die Kletterei noch anstrengender machte. Einige Olivenbäume spendeten aber wenigstens den Sichernden ein wenig Schatten. Den Rest des Tages ließen wir schließlich wieder am Strand ausklingen. Am Mittwoch machten wir uns auf den Weg ins Landesinnere. Nachdem wir ein ausgetrocknetes Flussbett durchquert und einige Höhenmeter in unwegsamen Gelände zurückgelegt hatten, erreichten wir den Sektor Skiadianiko. Dieser Fels überzeugt mit 40m langen plattigen Touren, deren Absicherung schon fast Hallenstandards gleicht. In den Olivenhainen scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Alte Unterstände für Ziegenhirten schmiegen sich an den Fels und kleine Mauern aus Bruchsteinen ziehen sich durch die Landschaft. So sind wir nicht überrascht, als beim Rückweg eine Ziegenherde die Straße kreuzt. Doch bevor wir zum Abendessen zurückkehren, beschließen wir noch einen Abstecher ins Kloster Panagia Elona zu machen. Dieses Kloster befindet sich gleich in der Nähe des Sektors an dem wir kurz zuvor noch geklettert sind und ist auf einem Rücksprung eines vertikal abfallenden Felsens über der Felsschlucht Dafnona gebaut. Wenn man es von unten, von der Straße aus sieht, scheint es, als ob es über die Schlucht hinaus ragt. Im Kloster konnten wir die beeindruckende Aussicht genießen und ein paar besinnliche Minuten verbringen. Nach dem lohnenden Ausflug des Vortages ging es am Donnerstag nach einer gemütlichen Kletterei im Sektor Orama zum Shopping nach Leonidio. Olivenöl, diverse Kräuter und eine Wundersalbe speziell für aufgerissene Kletterhände sind nur einige Beispiele für das lokale Angebot der kleinen gemütlichen Läden in der Altstadt.Am Freitag, dem letzten Klettertag, fuhren wir etwas weiter die Küste entlang nach Kyparissi. Der Sektor Kastraki liegt dort direkt hinter einer kleinen Kirche. Die sonst für einen längeren Zustieg benötigte Kondition konnte also für kraftvolle Klettereien an wunderschön abwechslungsreichen Felsen genutzt werden. Von rotem und gelbem löchrigem Kalk bis hin zu weißen Sintern war für jeden etwas dabei. Zudem war die Aussicht unbezahlbar. Nach diesem erfolgreichen Tag, gingen wir zum Abendessen, um gemeinsam nochmal ein letztes Bier bzw. einen letzten Wein zu genießen. In der Nacht von Freitag auf Samstag ging es dann auch schon leider wieder zurück nach Athen. Die ganze Woche schien wie im Flug vergangen und der eine oder andere hätte gerne noch eine zweite angehängt. Auch der Rückflug startete ohne Verzögerung, sodass wir Samstagmittag erschöpft, aber glücklich wieder in München landeten. Dort hieß es dann auch schon Abschied nehmen und mit dem Auto zurück nach Regensburg. Abschließend lässt sich aus eigener Erfahrung sagen, dass Nachsteigen natürlich nicht den Charakter verdirbt. Es schadet allerdings nicht in eine gut gesicherte schwere Rute einfach mal im Vorstieg auszuprobieren. Wer weiß, vielleicht wächst so mancher über sich selbst hinaus.
Autor und Fotos: Alexander Schäffer