Richtige Ernährung beim Bergsport

14.02.2023

Wie, was und wann essen auf Bergtour? Die richtige Antwort lautet: Wie es Euch gefällt, solange dem Körper bei Belastung möglichst schnell und effektiv die verbrauchte Energie zurückgegeben wird. Energiezufuhr ist das A und O und das Hauptziel sollte sein, seine Energiespeicher wieder zügig auffüllen.

Die Grundsätze einer gesunden Ernährung gelten auch in den Bergen; Unterschiede gibt es bezüglich der unterschiedlichen Belastungsformen und -intensitäten. Je nach Belastungsart (Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit) muss die Zusammensetzung der Nährstoffe angepasst werden, um die maximale Ausnutzung der Energiereserven zu erreichen.

Lange Bergtouren sind anstrengend, und das Auffüllen der Energiespeicher ist Grundlage einer passenden Ernährungsweise in den Bergen. Energie gewinnt der menschliche Organismus aus den Nährstoffen Kohlenhydrate, Fette und Eiweiß. Generell gilt: Je höher die Belastung, desto wichtiger ist die Energielieferung. Doch wie schaut eine adäquate Energieversorgung im besten Fall aus? Füllt man morgens die Energiespeicher mit einem gehaltvollen Frühstück auf und zehrt davon den ganzen Tag? Bevorzugt man viele kleine Mahlzeiten oder hält man sich lieber an drei größere?

Generell sind Kohlenhydrate (enthalten z.B. in Brot, Zucker, Marmelade, Kartoffeln, Nudeln, Früchten) auch am Berg die wesentlichen Energielieferanten. Gelangt der Körper an die Grenze der größtmöglichen Sauerstoffaufnahme, greift er hauptsächlich auf die Kohlenhydratreserven zurück, da hier die Energie vierfach so schnell wie aus den Fettdepots geliefert werden kann. Zusätzlich beziehen einige Organe (z. B. das Gehirn) ihre Energie allein aus Zucker. Sind die Speicher leer, merkt man es schnell; Schwindel, Hunger und zitternde Muskeln sind Zeichen einer Unterzuckerung. Generell liefern komplexe Kohlenhydrate, wie sie in Obst und Vollkornprodukten enthalten sind, nachhaltiger Energie als einfache Zucker (z.B. Schoko-Croissant); auch Traubenzucker liefert nur kurzzeitig Energie.

Ebenso unverzichtbar als Nahrung für Bergsportler sind Eiweiße (Proteine) als Grundbausteine des Körpers, wie sie sich in Eiern, Milch, Käse, Fisch und Fleisch finden. Sie fördern den Aufbau der Muskeln sowie die Konzentrations- und Koordinationsfähigkeit.

Fette, wie in Nüssen, Vollmilch und Olivenöl, enthalten doppelt so viele Kalorien wie Kohlenhydrate und sind somit gefragt, wenn schnell mit wenig Nahrung viel Energie zugeführt werden soll. Für den Normalsportler gilt: übermäßiger Fettkonsum setzt die Ausdauerfähigkeit herab, denn je mehr Fett man zu sich nimmt, desto weniger Kohlenhydrate und Eiweiß kann der Körper zusätzlich aufnehmen. Eine dauerhaft leistungsfördernde und gesunde Ernährung besteht aus ca. 50 – 60 % Kohlenhydrate, 25 – 30 % Fett und 10 – 15 % Eiweiß.
 

Besonderheiten in der Höhe?

Oft stellt sich die Frage, ob die Ernährungsweise in der Höhe umgestellt werden soll. Klar ist, dass mehrere Faktoren in der Höhe die Ernährung beeinflussen: der Sauerstoffmangel führt zu Appetitlosigkeit, die Herstellung von Mahlzeiten ist kräfte- und zeitzehrend und der Transport von Nahrungsmitteln in die Höhe nicht ohne weiteres möglich. Auch die Akklimatisationsfähigkeit kann durch die Ernährung beeinflusst werden. So gibt es Hinweise, dass Bergsportler, die sich fettreich ernähren, mehr Akklimatisationsprobleme haben als solche, die mehr Wert auf andere Energielieferanten legen. Dieses Phänomen erklärt sich vor allem dadurch, dass bei der Umwandlung von Kohlenhydraten zu Energie der sogenannte respiratorische Quotient größer ist als beim Fettstoffwechsel, damit weniger Sauerstoff benötigt und mehr CO2 produziert wird, was wiederum den Atemantrieb fördert. Dadurch wird die Akklimatisation erleichtert.

 

Wie also ernähre ich mich also richtig, um am Berg fit zu sein?

Am Abend und kurz vor der Tour sollte man schwer verdauliche Mahlzeiten meiden. Am Morgen wird leicht und ballaststoffreich gefrühstückt, ideal ist das klassische Müsli mit Obst oder ein Vollkornbrot mit Käse. Ein Verzicht auf das Frühstück ist in keinem Fall zu empfehlen, denn wenn der Körper einmal auf Tour ist, braucht er die Energie der Kohlenhydrate und Fette.

Während der Tour nimmt man vor allem Kohlenhydrate zu sich: getrocknetes Obst, Müsli- oder Energieriegel sowie das klassische Schinkenbrot gehören ebenso in den Rucksack wie eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung. Die erste Brotzeit-Pause macht man am besten nach ca. zwei Stunden Belastung. Ca. alle ein bis zwei Stunden werden Pausen eingelegt, um den Kohlenhydrat-Nachschub zu regulieren.

Wichtig ist vor allem, dass man direkt nach der Belastung, also z.B. bei der Ankunft auf der Hütte, Kohlenhydrate und Eiweiß zu sich nimmt, u.a. in Form von Riegeln, Eiern oder Joghurt. Dies ist wichtig, damit der Stoffwechsel schnell umgestellt werden kann von Energieabbau hin zu Energieaufbau. Am Abend sollte dann eine Hauptmahlzeit erfolgen. Hier darf gern alles gegessen werden, worauf man Lust ist. Wichtig ist, dass man sich nach dem Essen wohl fühlt.

Berücksichtigen sollte man auch, dass es unterschiedliche Stoffwechseltypen gibt, den Kohlenhydrat-Typ und den Fett-Eiweiß-Typ. Um Magen-Darm-Probleme zu vermeiden, sollte man vorher auch wissen, was man unter Belastung verträgt und was nicht, z.B. Kohlenhydrat-Gels, auf die man evtl. zurückgreifen möchte und mit denen man mit kleinem Volumen viel Energie zuführen kann. 

 

Trinken, trinken, trinken

Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist beim Bergsteigen und Höhen-Trekking unverzichtbar. Der tägliche Wasserbedarf des Menschen ohne Belastung liegt bei ca. 1,5 bis 2 Litern; bei Anstrengung kann unser Körper durch vermehrtes Atmen und Schwitzen bis zu acht Liter Flüssigkeit verlieren. Schon kleine Flüssigkeitsverluste vermindern die Ausdauerleistung – Appetitlosigkeit, Müdigkeit und Koordinationsstörungen sind die Folge; ebenso steigt die Gefahr von Erfrierungen. Auch für die erfolgreiche Höhenakklimatisation ist die Flüssigkeitszufuhr ausschlaggebend. Gerade in der Höhe ist der Durst meist geringer; gerade aber, weil durch den Wasserverlust zudem auch wertvolle Mineralien verloren gehen, sollte man sich auf Bergtouren immer wieder zu einer regelmäßigen Flüssigkeitsaufnahme zwingen. Auf einer Höhentour sollten nicht wesentlich weniger als vier Liter am Tag getrunken werden. 2-3 Liter sind das Minimum, am besten mineralstoffreiche Frucht­schorlen, die den Durst am effektivsten löschen oder – vor allem bei Kälte – mit Honig gesüßter Tee. Warme Getränke erhalten dem Körper Energie, die er sonst für das Aufwärmen der getrunkenen Flüssigkeit bereitstellen müsste.

Nahrungsergänzungsmittel und Mineralienersatz – was ist sinnvoll, was unnötig?

Gegen Nahrungsergänzung bzw. Substitution als Ausgleich eines bestehenden Mangels bzw. zur Leistungserhaltung ist nichts einzuwenden. Insbesondere bei langen, anstrengenden Bergtouren wird der Mineralien-Haushalt stark beansprucht. So können bei hohen Schweißverlusten Kalium-, Magnesium- und Eisenmangel auftreten. Typische Symp­tome sind Muskelkrämpfe, allgemeine Muskelschwäche, Müdigkeit und Leistungsminderung. Zur Planung des Tourenproviants sollte neben adäquatem Packmaß und Gewicht vor allem auch ein möglichst adäquater Nährstoff-und Mineralersatz vor, während und nach der Belastung das Ziel darstellen. Zur Substitution sind nicht zwingend teure Nahrungsergänzungsmittel notwendig; damit während der Tour die Energie nicht ausgeht und um die Mineralienspeicher schnellstmöglich wieder aufzufüllen, eignen sich auch die in der folgenden Tabelle aufgeführten Produkte:

Gipfelbrotzeit

Der Klassiker mit Speck und Käse, Brot und etwas Salz hat viele Freunde und seine Berechtigung, da ausgewogen in der Zusammensetzung aus Kohlenhydraten, Eiweiß und Fett.

  • Obst- und Gemüsesäfte
  • Orangen- oder Apfelsaft enthalten insbesondere Magnesium und Calcium, Fruchtzucker und Vitamine.
  • Birnen
  • Sehr wasserhaltig (83%) und kohlenhydratreich; weitere wichtige Bestandteile sind Eiweiß, Bor und diverse Vitamine. Äußerst wichtig ist auch das enthaltene Zink, welches nicht selbst produziert werden kann, sondern über die Nahrung aufgenommen werden muss und vor allem über den Schweiß verloren geht.
  • Bananen
  • Voll wichtiger Nährstoffe, Mineralien und Vitamine, wie z.B. Vitamin B und C als auch Kohlenhydraten, steht die Banane auf der Liste der Energiebringer ganz weit oben.
  • Karotten
  • Enthalten eine Menge an Mineralstoffen, insbesondere Kalium, Calcium, Vitamin A, B1 und B2; zusätzlich hoher Wassergehalt
  • Orangen
  • Hoher Gehalt an Vitamin C. 200 g (100 mg Vitamin C) decken den empfohlenen Tagesbedarf komplett ab. Außerdem enthalten: Flavonoide (Blutdruck- und Cholesterinsenkend)
  • Weintrauben
  • Enthalten zahlreiche Mineralien, Vitamine, Ballaststoffe, Calcium, Kalium, Magnesium und Folsäure plus Vitamin C
  • Honig
  • Honig ist nicht nur reich an Kohlenhydraten, sondern enthält eine Menge Aminosäuren als Eiweißbaustein.
  • Studentenfutter und Trockenobst
  • Ob Rosinen, Cashewkerne, Walnüsse, Paranüsse, Erdnüsse oder Haselnüsse; die verschiedenen Nüsse und getrockneten Früchte sorgen durch Kohlenhydrate, Mineralien und das enthaltene Eisen für eine bessere Konzentrations- und allgemeine Leistungsfähigkeit.
  • Apfelkuchen
  • Top-Energiebringer, zudem ausreichend Vitamine und Mineralien; ein idealer Snack (in Maßen) für zwischendurch
  • Energieriegel, insbesondere Nuss-Müsliriegel

Ideal für lange, anstrengende Touren, da guter Energielieferant; zudem in der Regel viel Vitamin E (wichtig für Muskulatur und Nerven) enthalten. Teilweise enthalten Riegel jedoch auch sehr viel Zucker – daher auf jeden Fall beim Kauf einen Blick auf die Inhaltsstoffe werfen. Eine geeignete Alternative sind selbst zubereitete Müsliriegel.

  • Bier/Bierhefe
  • Auch (alkoholfreies) Bier hat eine relativ gute Mineralien-Zusammensetzung, doch reicht es auf keinen Fall für einen vollständigen Ersatz der Verluste aus. Bierhefe ist ein sinnvolles Präparat zur Förderung der Eiweißaufnahme und zur Unterstützung der Eiweißverstoffwechslung und ein sehr guter Vitamin B-Lieferant.
  • Koffein
  • Koffein regt das zentrale Nervensystem an und steigert die Leistungsfähigkeit. Es spricht nichts dagegen, auch am Berg vor und während der Belastung Koffein in Form von Kaffee (oder Tein in Form von Tee) zu sich zu nehmen.
  • Konzentrate/ Fertigprodukte

Neben den oben erwähnten Nahrungsmitteln können auch Konzentrate oder Fertigprodukte sinnvoll eingesetzt werden, z.B. Bananenkonzentrate (oder andere Fruchtkonzentrate), gesalzene Fertigsuppen oder Trekking-Mahlzeiten als High-Tech-Verpflegung (hochkonzentriert an Nährstoffen, mitunter jedoch sehr teuer).

Eine zusätzliche oder alternative Substitution von Mineralien und Vitaminen kann z.B. auf mehrtägigen Touren oder Hochtouren mitunter sinnvoll sein. Vor allem bei den Vitaminen A und E sowie bei Folsäure und Calcium können in der Höhe Defizite auftreten. Diese sollte man bewusst ausgleichen. Die besten Vitaminlieferanten sind Obst und Gemüse, jedoch kann es gerade bei Belastung sinnvoll sein, zusätzlich mit Multivitamin- und Mineraltabletten zu unterstützen, die sich zudem zum Mischen von Getränken im Rahmen der ohnehin notwendigen Flüssigkeitsaufnahme eignen. Praktisch ist auch Milchpulver zum Elektrolyt- und Basenausgleich. Insbesondere bei mehrtägigen Touren und/oder körperlicher Anstrengung ist zudem Magnesiumersatz sinnvoll. Neben magnesiumhaltigen Nahrungsmitteln (Nüsse, Haferflocken, Reis) bieten Granulate eine sinnvolle Ergänzung. 

Mit guter (Trainings-) Vorbereitung, adäquat geplanter Verpflegung im Rucksack und gutem Essen auf der Hütte steht einer erfolgreichen Bergtour somit nichts im Wege.

In diesem Sinne,

Eure Sabine Brookman-May