Sport und geistige Fitness

14.02.2023

In einem gesunden Körper steckt ein gesunder Geist. Auf der Suche nach einer geeigneten Methode, die Gehirnleistung möglichst lange und effektiv zu bewahren, raten Experten gern zum Gehirnjogging. Doch statt Sudoku und Denksportaufgaben zu machen, darf man Gehirnjogging ruhig wörtlich nehmen. Denn immer mehr wissenschaftliche Studien bestätigen die enge Verknüpfung zwischen Gehirn und Sport.

Sport verbessert kognitive Leistung

Sportliche Aktivität kann die kognitive Leistung über alle Altersklassen hinweg langfristig verbessern. Forscher der Universität Basel haben kürzlich zahlreiche Einzelstudien ausgewertet. Insgesamt scheinen Ausdauertraining, Krafttraining und eine Mischung aus beidem die kognitive Leistung zu verbessern. Die größte Wirksamkeit zeigen koordinativ anspruchsvolle Sportarten, die komplexe Bewegungsabläufe und/oder Interaktionen mit Mitspielern integrieren. Sich im Sport koordinativ zu fordern, scheint wichtiger zu sein als der Gesamtumfang der sportlichen Aktivität; ein höherer Gesamtumfang an sportlicher Aktivität führt nicht zwangsweise zu einer größeren Wirksamkeit für die geistige Fitness. Wichtig ist zudem insbesondere, dass über einen längeren Zeitraum hinweg trainiert wird.

Genauso wie unsere körperlichen Voraussetzungen verändert sich auch die geistige Leistungsfähigkeit im Verlauf. Großes Potenzial für Verbesserungen durch körperliche Aktivität gibt es in der Kindheit (kognitive Aufbauphase) und im hohen Alter (kognitive Abbauphase). In der Metaanalyse der Universität Basel ergab sich allerdings kein Anhaltspunkt für unterschiedliche Wirkungen in den verschiedenen Altersgruppen. Sportaktivitäten müssen daher auch nicht abhängig vom Alter grundsätzlich anders gestaltet werden, um die kognitive Leistung zu stärken. So wären beispielsweise auch gemeinsame Sportangebote für Kinder und ihre Großeltern umsetzbar und ausbaufähig.

Während es keine altersspezifischen Unterschiede gibt, wirkt dagegen die gleiche Dosis an sportlicher Aktivität bei Männern und Frauen nicht nur unterschiedlich auf die körperliche Fitness, sondern hat auch einen unterschiedlichen Effekt auf die geistige Fitness. Demnach profitieren Männer, zumindest anhand der Auswertung der Universität Basel, stärker von intensiver sportlicher Aktivität, während die Sportart selbst nicht entscheidend ist. Während sich für Jungen und Männer ein hartes Workout besonders zu lohnen scheint und mit einer schrittweisen Erhöhung der Intensität über einen längeren Zeitraum zu einer größeren Verbesserung der kognitiven Leistung führte, blieb bei Mädchen und Frauen der positive Effekt bei einer zu schnellen Intensitätssteigerung aus. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Frauen eher eine sportliche Aktivität mit mittlerer Intensität wählen bzw. einen zu schnellen Intensitätsanstieg vermeiden sollten, wenn sie dadurch ihre kognitive Fitness steigern möchten.

Andere Studien zeigen, dass nicht nur koordinative Sportarten sinnvoll sind, sondern insbesondere auch aerobes Ausdauertraining. Wer Joggen geht, schwimmt, radelt oder Bergsport betreibt, pusht damit auch seine geistige Kapazität. Ganz wichtig ist aber - Sport macht nur dann geistig fit, wenn er regelmäßig betrieben wird.

Im Zusammenspiel mit sportlicher Aktivität sind zahlreiche Effekte auf die geistige Aktivität, Kapazität und Gehirnleistung beschrieben

Verstärkte Sauerstoffversorgung

Das Gehirn wird stärker mit Sauerstoff versorgt, z. B. beim langsamen Joggen um bis zu 30 %, wodurch wichtige biochemische Substanzen besser transportiert werden.

Vergrößerte Plastizität des Gehirns und größere Hirnmasse

Die Plastizität des Gehirns vergrößert sich durch die Freisetzung sog. Neurotrophine; diese Stoffe braucht der Körper, um neue Nervenzellen in der Denkzentrale zu bilden und zu knüpfen. In einer Studie, in der die Hirnsubstanz von Sportlern mittels Kernspintomographie untersucht wurde, zeigte sich eine deutlich größere Hirnmasse als bei Nicht-Sportlern [2].

Gesteigerte Gehirnaktivität und Reset-Effekt

Regelmäßiger Sport verändert die Gehirnaktivität. Der für Bewegungen und Koordination zuständige motorische Kortex ist während der Belastung besonders aktiv. In der Großhirnrinde, dem Kleinhirn und dem Hippocampus kommt es zu einer gesteigerten Stoffwechselaktivität. Hierdurch überleben Hirnzellen länger und neue Nervenzellen werden gebildet. Dafür reduziert der für logisches Denken zuständige präfrontale Kortex seine Aktivität. Das ist ein wünschenswerter Effekt, der als Reset bezeichnet wird, und der uns nach dem Sport zu einer besseren Konzentration verhilft [3].

Bessere räumliche Vorstellungskraft und Konzentrationsfähigkeit

In einer Studie der Universität Ulm wurden zwei Gruppen untersucht. Während die eine regelmäßiges Ausdauertraining durchführte, trieben die anderen keinen Sport. Die räumliche Vorstellungskraft und die Konzentrationsfähigkeit der aktiven Gruppe war anschließend deutlich höher als die der Nicht-Aktiven.

Höhere geistige Leistungsfähigkeit, besserer Fokus und gesteigerte Effizienz

Kanadische Wissenschaftler wiesen nach einem viermonatigen Fitnessprogramm nicht nur eine bessere sportliche, sondern eine deutlich höhere geistige Leistungsfähigkeit nach. In einer weiteren Studie der Universität Arizona wurden zwei Gruppen von jungen Männern untersucht - eine, die regelmäßig Ausdauersport betrieb, die andere war inaktiv. Die Gehirne der Sportler besaßen eine deutlich bessere funktionelle Kapazität; die Sportler konnten sich besser auf eine Tätigkeit fokussieren und diese dann auch schneller, effektiver und mit niedrigerer Fehlerquote ausführen [4].

Reduktion des Risikos für Demenz und Alzheimer

Das Gehirn funktioniert bis ins hohe Alter nachweislich besser. Es gibt Hinweise darauf, dass man mit Sport das Krankheitsrisiko für Demenz und Alzheimer reduzieren kann. Eine Studie der Universität Illinois hat gezeigt, dass das Alter bei den positiven Auswirkungen von Sport auf das Gehirn keine wesentliche Rolle spielt. In einer Studie mit 55- bis 79-jährigen Probanden zeigte die Hirnleistung aller Teilnehmer eine deutliche Verbesserung, darunter auch bei jenen, die erste Anzeichen einer Demenzerkrankung aufwiesen.

In diesem Sinne wünsche ich euch wie immer eine aktive und gesunde Zeit!

Eure

Sabine

Ludyga, S et a. Systematic review and meta-analysis investigating moderators of long-term effects of exercise on cognition in healthy individuals. Nature Human Behaviour, 2020

Deutsche Sporthochschule Köln

Universität Bochum. Sport vergrößert Hirnareale. Deutsches Ärzteblatt 2013; Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung (DGKN) 2013

David A. Raichlen et al. Differences in Resting State Functional Connectivity between Young Adult Endurance Athletes and Healthy Controls. Hum. Neurosci., 29 November 2016